Spitzengespräch zu synthetischen Kraftstoffen

Am 18. Januar fand das baden-württembergische Spitzengespräch zum Thema synthetischen Kraftstoffen bzw. eKerosin oder auch reFuels genannt statt. Synthetische-Kraftstoffe spielen eine wesentliche Rolle in der Reduktion von Treibhausgasen in der industriellen Produktion, wie z.B. in der Zementindustrie aber hat vor allem massive Potentiale für den Verkehrssektor, insbesondere für die Luftfahrt.

Die Zukunft der Mobilität besteht aus dem autonomen Fahren, der Nutzung von geteilten Fahrzeugen sowie die Etablierung von Antriebsarten mit erneuerbaren Energien.  Bis 2030 sollen noch circa 37 Millionen Pkw und andere Fahrzeuge mit traditionellen fossil-angetriebenen Technologien unterwegs sein. Europaweit sollen bis 2030 sogar noch über 85 Prozent der Pkw mit Verbrennermotoren fahren, sodass synthetische Kraftstoffe diesen Fahrzeugbestand klimaneutral gestalten könnte.  Die Kraftstoffe leisten aber nicht nur einen Beitrag zur Dekabonisierung sondern können auch die Alleinstellungsmerkmale der  Zulieferindustrie und das Know-How bei Verbrennermotoren schützen. Ob diese Fähigkeiten mit einer Direkteinspritzung von Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffe weiter genutzt werden können, hängt aber maßgeblich von den Rahmenbedingungen ab. Aber nicht nur aufgrund des Bestands von Pkw mit Verbrennungsmotoren ist eine Hochskalierung von Produktionskapazitäten synthetischer Kraftstoffe sinnvoll. Bei vielen Mobilitätsformen besteht einfach keine Elektrifizierungsmöglichkeit. Dies ist besonders im Luft- und dem Schiffs- oder Schwerlastverkehr der Fall, wo eine Abhängigkeit von der Wasserstofftechnologie sowie synthetischen Kraftstoffen besteht.

Vor dem Hintergrund des Green-Deals und der Tatsache, dass die Bunderegierung bis 2030 die CO2-Emissionen um 42 Prozent senken will, sowie bis 2050 Klimaneutralität anstrebt, konzentriert sich die Luftfahrtindustrie auf effizientere Flugzeuge, Optimierung von Flugverbindungen durch Bahnverbindungen, Entwicklung neuer Flugzeugformen und effizienterer Flugzeugtypen sowie der Nutzung von CO2-Bepreisungen und Einsatz von synthetischen Kraftstoffen und Biokraftstoffen. Da letzteres in einem Wettbewerb mit der Nahrungsmittelindustrie steht und ferner Bioabfälle nicht in dem gefragten Maßstab vorhanden sind, liegt die Nutzung von reFuels nahe. Dazu wird angenommen, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 200.000 Tonnen reFuels bzw. eKerosin oder PtL (Power-to-Liquid)-Kersoin vorliegen. Dieses Ziel knüpft zudem an der nationalen Wasserstoffstrategie an.

Um die Nutzung von eKerosin auszubauen braucht es ein Angebot und die Schaffung zusätzlicher Quellen für erneuerbare Energien und eine Verpflichtung zur Nachfrage der Airlines. Nur durch Bereitschaft der Akteure und die Einbettung von eKerosin in den bestehenden Markt und Beteiligung an den höheren Produktionskosten, lässt sich eine effiziente Allokation vorantreiben. Als Zwischenetappe soll deshalb auf nationaler, aber auch europäischer und vor allem internationaler Ebene die technische Gesamtintegration nachgewiesen werden. Ebenso muss ein regulatorischer Rahmen und ein selbsttragender eKerosin-Markt geschaffen werden. Empfohlen wir der Aufbau eines Demonstrationszentrums in Deutschland für eine Kapazität von 10.000 Tonnen. Dies würde Investitionen von 150 – 200 Millionen Euro benötigen.

Der Stuttgarter Flughafen hat ein Letter-of-Intrest mit einem internationalen Konsortium der Zementindustrie abgeschlossen, um reFuel bzw. eKerosin zu beziehen, um damit perspektivisch die Airlines zu versorgen. Eine Realisierung des Projektes benötige aber staatliche Investitionen, heißt es. Eine Anpassung der eKerosin-Quote ab 2025 der Bundesregierung soll eine Anpassung der jetzigen Strategien nach sich ziehen.

Um weitere Anlagen aufzubauen, braucht es aber finanzielle Anreize für den Anlagenbau und Markteinführung. Dies bezieht sich auf die Optimierungen für die REDII-Richtlinie aber auch auf die Zulassungen verschiedener Spezifikationen und Standards auf dem eKerosin-Markt. Letztendlich ist die Luftfahrt aber so international, wie keine andere Branche. Deswegen muss  zudem ein internationaler Markt geschaffen werden., da es ansonsten zu Wettbewerbsnachteilen von deutschen oder europäischen Flugknotenpunkten und damit verkehrsinfrastruktureller Third-Places kommen könnte.

Ohne deutliche Anreize für alternative Kraftstoffe werden die entsprechenden klimapolitischen Sektorverpflichtungen und das Potential – bis zum Jahr 2050 deutschlandweit rund 470.000 Arbeitsplätze im Anlagenbau zu schaffen – verfehlt. Längerfristige Investitionsplanungs- und Abnahmesicherheiten für Produktionsanlagen von synthetischen Kraftstoffen sind daher mehr als wichtig für die Hochskalierung dieser Alternative zu batterieelektrischer Mobilität. Deshalb kann auch die Einführung einer Quote für reFuels den Straßenverkehr und Industrieanwendungen sowie die vollständige Anrechnung von grünem Wasserstoff in Raffinerien helfen, diese bisher vernachlässigte Technologie einzusetzen. Es widerspricht grundsätzlich der Technologieoffenheit, dass unterschiedliche Anrechnungen von Wasserstoff in Raffinerien in der REDII Richtlinie vorgesehen sind. Zudem bremst die derzeitige Privilegierung der E-Mobilität zum Teil auch die Entwicklungen und Investitionen in diesem Bereich aus.

Angesichts der jetzigen Auswirkungen der Corona-Pandemie verstärken sich zudem die Transformationsprozesse in der Demografie, Digitalisierung und Mobilität, und folglich die Investitionshemmnisse. Die Transformation Richtung E-Mobilität; aber auch die Renaissance des Automobils; und die Entwicklung hin zur Wasserstoffwirtschaft betrifft vor allem die Zulieferindustrie und KMU. Neben der finanziellen Situation der einzelnen Unternehmen müssen Fachkräfte in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen unterstützt werden. Die damit getätigten Zukunftsinvestitionen sollten deshalb in bereits vorliegende Stärken getätigt werden. Deshalb muss neben diesen fiskalen Impulsen ein Umfeld geschaffen werden, in dem Planungs- und Investitionssicherheit in einem vorhanden bzw. geschaffenen Markt herrscht.

Ziel sollte es  demnach sein, den Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen zu bewältigen, und den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor durch reFuels oder synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff-Direkteinspritzung zu vermeiden. Synthetische Kraftstoffe bieten also einen wichtigen Baustein in der Bewältigung der jetzigen und zukünftigen Herausforderungen.

Hier geht es zum Artikel über das Spitzengespräch


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