EU-Lieferkettengesetz, Bitte zur Mitwirkung

Der BDI hat sich am 17. November zum Berichtsentwurf des Europäischen Parlaments zum EU-Lieferkettengesetz geäußert und kritisierte, dass dem EU-Parlament das Augenmaß für die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen in der Krise zu fehlen scheine.

Weiter äußerte der BDI sich wie folgt:

  • Die zur Versorgungssicherheit notwendige Diversifizierung der Lieferketten ist wichtig. Die EU sollte Unternehmen unterstützen und bereits existierende Branchenstandards anerkennen.
  • Der Anwendungsbereich des Lieferkettengesetzes über die gesamte Wertschöpfungskette ist realitätsfern. Verpflichtende rechtliche Anforderungen müssen sich auf die direkten Zulieferer beschränken. Sonst sind sie in der täglichen Praxis nicht umsetzbar.“

Die wichtigsten Änderungen im Entwurf des Gesetzes lauten wie folgt:

  • Anwendungsbereich: Der Schwellenwert für erfasste Unternehmen soll von 500 auf 250 Beschäftigte gesenkt werden; gleichzeitig soll das Umsatz-Kriterium auf 40 Mio. EUR sinken; der Schwellenwert für Unternehmen in „high impact sectors“ sinkt auf 50 Beschäftigte und der Umsatz auf 8 Mio. EUR (siehe Änderungsanträge 52 und 53); Ausweitung der Sorgfaltspflichten auf mehr Dienstleistungen, einschließlich Technologie, Plattformen usw. (siehe Änderungsanträge 57 und 58); Ausweitung auf börsennotierte „Holdings“ (Änderungsantrag 59); Ausweitung des materiellen Geltungsbereichs auf Good Governance (einschließlich Korruption);
  • Ausweitung des Begriffs „Auswirkungen“ (Änderungsanträge 68 und 69);
  • Ausweitung des Begriffs der Wertschöpfungsketten (siehe Änderungsantrag 74);
  • Überarbeitung der Definition von Stakeholdern (ohne sie einzuschränken) und Einführung einer neuen Definition von gefährdeten Stakeholdern (Änderungsanträge 78 und 79);
  • Einführung der Verpflichtung, die Wirksamkeit der Sorgfaltspflicht zu überprüfen (zusätzlich zur Überwachung) (Änderungsantrag 86);
  • Stärkere Betonung der Prioritätensetzung (Änderungsantrag 94);
  • Weitreichende Ausweitung der Verpflichtungen zu Risikominderungsmaßnahmen, Beschwerdeverfahren, Vertragskündigung bei Risiken usw.
  • Einführung von Prüfungsanforderungen (Änderungsantrag 154) für die Berichterstattung über die Sorgfaltspflicht;
  • „Institutionalisierung“ der Beteiligung der Interessengruppen an der Sorgfaltspflicht, einschließlich der Arbeitnehmervertreter im Einklang mit dem bestehenden Rahmen für den sozialen Dialog (Änderungsantrag 156);
  • Klimaschutzpläne, die mit den Interessengruppen der Unternehmen zu entwickeln und von den Aktionären der Unternehmen zu genehmigen sind (Änderungsantrag 166);
  • Sanktionen werden verschärft, einschließlich des Ausschlusses von Exportkrediten, von Handelsmissionen und von Beratungsgremien für Regierungen (Änderungsantrag 192);
  • Einführung von „cause or contribute” in die Haftungsnorm, Art. 22 (Änderungsantrag 197);
  • Aufnahme von Bestimmungen über den Zugang von Klägern zum Recht, einschließlich Unterlassungsklagen, über die Verjährungsfrist für Klagen (mindestens 10 Jahre), die Offenlegung von Beweismitteln, die rechtliche Begünstigung von NRO und zivilgesellschaftlichen Organisationen, u.a. (Änderungsantrag 200);
  • Stärkung der Artikel 25 und 26 in Bezug auf die Pflichten und Verantwortlichkeiten der Geschäftsführer (u. a. Änderungsanträge 204, 205);
  • Erweiterung von Annex I.

 

Die Mitgliedsstaaten haben am 1. Dezember im Rat für Wettbewerbsfähigkeit eine Allgemeine Ausrichtung zu dem Richtlinienvorschlag der EU-Kommission für unternehmerische Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Nachhaltigkeit angenommen.

Damit ist die Verhandlungsposition des Rates zu den wesentlichen Aspekten des Vorschlags politisch festgelegt und soll die laufenden Gespräche und Verhandlungen zwischen den drei EU-Institutionen in den nächsten Monaten erleichtern. Auf Druck der Kommission hatte die tschechische Ratspräsidentschaft seit Monaten darauf hingearbeitet, dass die Mitgliedsstaaten beim Wettbewerbsfähigkeitsrat im Dezember eine Allgemeine Ausrichtung abstimmen. Noch bis Ende November war die Erreichung dieses Ziels unklar gewesen, da zu wesentlichen Aspekten wie dem Anwendungsbereich oder der zivilrechtlichen Haftung Unstimmigkeiten zwischen den Mitgliedsstaaten bestanden. Diese wurden durch einen Kompromisstext der tschechischen Ratspräsidentschaft in der letzten Sitzung des den Wettbewerbsfähigkeitsrat vorbereitenden Ausschusses der Ständigen Vertreter beseitigt. Diese vorläufige Textfassung vom 30. November finden Sie zu Ihrer Information hier.

Einige Aspekte der Allgemeinen Ausrichtung im Überblick:

  • Die Sorgfaltspflichten der Unternehmensleitung (Art. 25 und 26) wurden gestrichen. Allerdings bleibt der Wortlaut des Art. 5 erhalten, wonach die Mitgliedsstaaten sicherzustellen haben, dass Unternehmen die Sorgfaltspflicht in alle Bereiche ihrer Unternehmenspolitik einbeziehen und über eine Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltsplichten verfügen;
  • Als Kompromiss zu der Frage, ob der Anwendungsbereich auf die Lieferkette begrenzt werden oder die gesamte Wertschöpfungskette umfassen soll, haben sich die Mitgliedsstaaten auf einen neuen Begriff geeinigt, die Aktivitätskette (Chain of activities). Diese umfasst hauptsächlich upstream Tätigkeiten und einen geringeren Teil der downstream Tätigkeiten;
  • Der Text sieht Möglichkeiten der Gruppenkonsolidierung sowie zur Priorisierung von Risiken vor;
  • 24 über öffentliche Unterstützung wurde gestrichen;
  • Für Unternehmen, die Risiken in weltweiten Lieferketten ausgesetzt sind, enthält der Text weniger strenge Entkopplungsverpflichtungen;
  • Ferner enthält er im Vergleich zum Kommissiontext einige Klarstellungen zu Art. 22 über die Haftung;
  • Er enthält eine Übergangszeit von drei Jahren;
  • Eine (stark diskutierte) Option zur Einbeziehung von Finanzdienstleistungen;
  • Eine Begrenzung der Annexe;
  • Einige kleinere Verbesserungen im Bereich der Rechtsterminologie und Definitionen.

Angesichts der Allgemeinen Ausrichtung des Rates besteht nach aktuellem Gesetzgebungsstand nun eine Lage, die Unternehmern aller Größe droht zu überfordern. Es ist daher in den nächsten Wochen und Monaten dringlich, alle Ihre Kontakte und Kanäle zum EP zu nutzen, um die Europaparlamentarier auf die Bedenken der Unternehmen hinzuweisen. Parallel dazu würden sich bei UBW auch Katharina Göbel (Tel.: 0711/7682-176, Email: goebel@unternehmer-bw.de, Leiterin Büro Brüssel) und Constanze Wolf (Tel.: 0711/998870-17, Email: c.wolf@unternehmer-bw.de, Geschäftsführerin Mittelstand, Außenwirtschaft, Recht) über etwaige Informationen von Ihrer Seite freuen.


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